Mittwoch, 31. August 2016

Klettersteig Braunwald - Ich gegen die Schwerkraft

In meinem Twitterfeed war der Spruch "Life begins at the end of your comfort zone" aufgetaucht. Das passte beinahe schon prophetisch zu meinem ersten Klettersteig, der am nächsten Tag auf dem Programm stand. Moni hatte die als Einführung für Anfänger geplante Tour auf die Beine gestellt und mit Werni einen erfahrenen Kletterer aufgeboten, der uns Anfänger unterstützte.

Mit der Standseilbahn ging es hoch nach Braunwald und dann mit der Sesselbahn weiter bis Gumen. Von dort wanderten wir bis zum Einstieg in den Klettersteig, wo wir uns in die Ausrüstung zwängten. Als ich dabei die senkrechte Felswand hoch schaute, an der man bereits andere Kletterer hängen sah, kamen mir die ersten Zweifel, ob ich an diesem Morgen doch nicht besser in meiner Komfortzone Bett liegen geblieben wäre. Doch jetzt stand ich in der extra gemieteten Klettermontur schon da, so dass Umkehren keine Option mehr war.

Spätestens nach der ersten heiklen Stelle, einem Kamin mit eindeutig zu wenigen Festhaltemöglichkeiten, war für mich klar, dass das Ganze kein Anfängerklettersteig sein konnte. Als eine weitere schwierige Stelle stellte sich eine Querung heraus, bei der man einen grossen Schritt seitwärts auf einen Metallbügel machen musste, unter welchem es senkrecht die glatte Felswand hinab ging. Ich habe keine Höhenangst, aber dieser Schritt ins Nichts brauchte ziemliche Überwindung. Es gab noch einige weitere Stellen, wo ich einen Moment lang innehalten musste, weil ich zunächst nicht wusste, wie und ob ich weiter komme. Einmal in der Wand blieb aber gar keine andere Möglichkeit, als sich von Eisenbügel zu Eisenstab, von Felsvorsprung zu Felsspalte zu hangeln. Doch erstaunlicherweise schlotterten meine Knie weniger als zwei Wochen zuvor auf dem Col des Audannes und ich musste nicht testen, ob die Klettersteig-Bremse einen Sturz auch tatsächlich bremsen würde.

Nach etwas mehr als einer Stunde erreichten wir die Leiteregg und wurden für die Anstrengung und unseren Mut mit einem schönen Ausblick auf den Tödi sowie mit einer Wiese voller Edelweiss belohnt. Wir verzichteten aber darauf, den zweiten Klettersteig gerade auch noch anzuhängen, sondern machten uns an den Abstieg zurück zum Gumen.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Mittwoch, 31. August 2016
  • Route: Klettersteig Rundgang Leiteregg (Route blau, K3)
  • Unsere Zeit: ab/bis Gumen, inkl. Pausen ca. 3 h
  • Höhenmeter (Aufstieg): 300 m


Sonntag, 28. August 2016

Im Badebottich auf 2'000 m (12. + 13. Etappe Zürich - Gotthard)

Auf unserem Weg auf den Gotthard machen wir keine Abkürzungen. Dies hatte zur Folge, dass wir die Wanderung zur Etzlihütte mit einer Gondelfahrt die falsche Talseite hinauf begannen, nämlich zur Golzern Bergstation, wo wir die letzte Etappe beendet hatten. Die Einheimische, die mit uns in der Gondel hochfuhr, sah uns denn auch etwa zweifelnd an, als wir sie über unser Tagesziel aufklärten. Der Vorteil des falschen Berghanges war, dass die Wanderung an diesem sehr warmen Tag mit einem Abstieg begann - nämlich (fast) wieder zur Talstation der Golzernbahn hinunter.

Ich war schon letztes Jahr zur Etzlihütte gewandert und der anstrengende, schwül-heisse Aufstieg war mir noch in lebhafter Erinnerung. Es war absehbar, dass es dieses Mal nicht weniger warm werden würde. Ich hatte schon längere Wanderungen mit mehr Höhenmeter gemacht, doch wieder setzte mir der Aufstieg zur Etzlihütte ziemlich zu, obwohl ab und zu eine Wolke die Sonne verdeckte, so dass es nicht ganz so warm wurde wie befürchtet.

Der Lohn für die Anstrengung und der Grund, warum ich mir das nochmals angetan hatte, war der Badebottich, den die Etzlihütte auf der Terrasse stehen hat. Nachdem wir uns mit einem Bier abgekühlt und beim Abendessen gestärkt hatten, stiegen wir in den mit sehr heissem Wasser gefüllten Zuber und genossen den Blick auf die umliegenden Berge mit einem Cüpli in der Hand - so grenzt Wandern schon fast an Dekadenz.

Am Sonntag, nachdem wir gefrühstückt und auch noch der letzte Mitwanderer seine Blasen vom Vortag verarztet hatte, stiegen wir Richtung Mittelplatten hoch. Der Hang lag noch in Schatten, was den Aufstieg und die damit verbundene Kletterei über Geröll und Felsen angenehm machte. Auf dem höchsten Punkt auf 2'487 m hatte man einen schönen Blick zurück ins Etzlital und nach vorne in die Surselva hinunter. Das einzige, was die Aussicht störte, war die Hochspannungsleitung, die beide Täler verbindet. Nach einer Pause unter dem Strommast machten wir uns an den Abstieg das Val Mila hinunter bis nach Rueras.

Von dort dauerte der Rückweg mit dem Zug nach Zürich sogar noch ein bisschen länger als die Wanderung selber. Dafür führt die Bahnstrecke durch die Rheinschlucht - ein Wanderziel, das schon lange auf meiner Wunschliste steht.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 27./28. August 2016
  • Route: Golzern (Bergstation) - Golzernsee - Stäfelialp - Herrenlimi - Rossboden - Müllersmatt - Etzlihütte SAC (Samstag); Etzlihütte - Müllersmatt - Mittelplatten - Val Mila - Rueras (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: ca. 4 h 30 min (Samstag); 3 h (Sonntag)
  • Distanz: 13,2 km (Samstag); 8,7 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'224 m (Samstag); 500 m (Sonntag)
  • Übernachten: Etzlihütte SAC
  • Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier











Sonntag, 21. August 2016

Schlottrige Knie am Col des Audannes

Eigentlich wäre an diesem Wochenende mit dem Barrhorn der höchste Gipfel der Saison auf dem Programm gestanden; die unsicheren Wetterprognosen führten aber dazu, dass die Tour abgesagt werden musste. Ich sah mich schon das ganze Wochenende auf dem Sofa liegen und Netflix schauen, als Claude unverhofft eine Tour zur Cabane des Audannes organisierte. Er hatte das Ziel ausgewählt, weil er davon ausging, dass das schlechte Wetter im Westen zwar früher ankommen, dafür aber auch früher vorbei sein würde, und er sollte mit seiner Vermutung recht behalten. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt - wenn ich ehrlich sein wollte - keine Ahnung, wo die Cabane des Audannes überhaupt liegt.

Es wurde also nichts mit Faulenzen, stattdessen stieg ich am Samstagmorgen in den Zug Richtung Wallis. Die Anreise zum Ausgangspunkt der Tour, dem Barrage du Rawil, war etwas umständlich, doch gerade die letzte Etappe per Postauto stellte sich als ein besonderes Erlebnis heraus, nicht nur wegen der schmalen Strasse und der Aussicht ins Tal, sondern insbesondere wegen zwei Tunnel, die nur wenige Zentimeter grösser waren als der Bus und in die der Chauffeur richtiggehend einfädeln musste.

Von der Staumauer aus ging es für unsere kleine Wandergruppe zu Fuss weiter. Der Weg führte zunächst entlang des Lac de Tseuzier und nach ein paar Metern setzte bereits der erwartete Regen ein. Trotzdem entwickelte sich das Wetter an diesem Tag besser als erwartet: Der Regen hörte immer wieder auf und es goss auch nie - wie eigentlich vorausgesagt - in Strömen.

Kurz nach dem See begann die Steigung. Der Weg wand sich sehr steil zwischen den Felswänden den Hang empor und war durch den Regen glitschig geworden, so dass ich prompt ausrutschte und für einmal nicht nur bis zu den Knie schmutzig war, sondern darüber hinaus. Nachdem wir die ersten gut 600 Höhenmeter hinter uns gebracht und den ersten Mitwanderer verloren hatten, erreichten wir einen riesigen, hellen Karstrücken, welcher mitten zwischen den zwei dunkleren Felswänden liegt, als hätte ihn dort jemand hingepflanzt. Ich kraxelte teilweise auf allen Vieren über den zerklüfteten und ausgewaschenen Karst mit seinen tiefen Spalten und spitzen Kanten. Danach ging es weiter hoch, bis wir mit dem Col des Eaux Froides (auf dem es mehr kalte Winde als kalte Wasser gab) auf 2'648 m den höchsten Punkt des Tages erreichten. Von dort aus sahen wir bereits auf der gegenüberliegenden Seite auf einem kleinen Hügel über dem Lac des Audannes die Hütte, in der wir übernachten würden.

Die Cabanes des Audannes ist von aussen nicht gerade ein Schmuckstück und weist innen einen seltsam verwinkelten Grundriss auf. Davon liessen wir uns aber selbstverständlich nicht ablenken, sondern verbrachten einen vergnüglichen Abend mit Wein, Politik und dem Austausch von Lebensweisheiten.

Der nächste Morgen begrüsste uns mit Sonne und blauem Himmel. Wir hatten bereits am Vorabend über verschiedene Routen diskutiert und uns schliesslich auf die Variante via Col des Audannes und Sanetschpass geeinigt. Das bedeutete, dass der Morgen mit einem Aufstieg begann. Die Landschaft bestand in dieser Höhe fast nur noch aus verschiedenfarbigen Felsen und überraschend vielen Schneefeldern, hingegen gab es kaum noch Vegetation. Mehr als einmal wähnten wir uns an diesem Tag auf dem Mond oder einem fremden Planeten.

Die Herausforderung des Wochenendes war der Abstieg vom Col des Audannes: Dieser führt über diverse Leitern und in den Fels eingelassene Metallbügel die Felswand hinunter. Während ich mit den Leitern noch halbwegs zu recht kam, hangelte ich mich ungeschickt von einem rutschigen Metallbügel - welche offensichtlich nicht auf meine Schrittlänge oder Kletterfähigkeiten zugeschnitten waren - zum nächsten. Es gab einen Moment, wo ich dachte, dass ich nicht mehr vorwärts und nicht mehr rückwärts komme. Doch in der Felswand stehen bleiben war einfach keine Alternative, so dass ich mit schlottrigen Beinen den Abstieg beendete. Das letzte Mal, als meine Knie so gezittert haben, war während meiner Fahrprüfung, als ich das Auto seitwärts einparkieren sollte. Die ganze Wanderung war weiss/rot ausgeschildert, der Abstieg vom Col des Audannes ist aber meines Erachtens mindestens als T4 einzustufen - doch die Walliser sind vielleicht einfach härter im nehmen als ich.

Nach den Leitern und Metallbügeln gab es eine weitere kritische Passage, die mit einem Seil gesichert war, dann ging es einfach so steil das Schotterfeld hinunter, bis wir die Ebene Grand' Gouilles erreichten, wobei sich die Pfützen als hübsche kleine Seen entpuppten. Nach einem Gegenanstieg kamen wir auf den Arête de l'Arpille. Der Weg auf diesem Grat verlief auf dem Kamm eines hohen Schutthügels, den wir für die überig gebliebene Moräne eines verschwundenen Gletschers hielten.

Stück für Stück verloren wir Höhenmeter bis zur Sanetsch Passhöhe. Von da war es nicht mehr weit bis zum Sanetschstausee. Damit beendeten wir unsere Wanderung wie wir sie angefangen hatten: Auf einer Staumauer. Mit der Gondel fuhren wir hinab nach Gsteig und überquerten dabei die Kantonsgrenze zu Bern.

Die zwei Tage waren mehr als nur Ersatz für die abgesagte Barrhorn Besteigung gewesen, sondern eine geniale Tour und die alpinste und technisch anspruchsvollste Wanderung, die ich in diesem Jahr gemacht hatte.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 20./21. August 2016
  • Route: Barrage du Rawil - Lac de Tseuzier - Lac de Ténéhet - Col des Eaux Froides - Cabane des Audannes (Samstag); Cabane des Audannes - La Selle - Col des Audannes - Grand' Gouilles - Arête de l'Arpille - Sanetschpass - Sanetsch-Stausee (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h (Samstag); 5 h (Sonntag)
  • Distanz: 8,6 km (Samstag); 14,1 (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'008 m (Samstag); 705 m (Sonntag)
  • Übernachten: Cabane des Audannes











Sonntag, 14. August 2016

Sommertage auf der Greina

Die Wetterprognosen prophezeiten das bisher vielleicht schönste Wochenende des Sommers: Zwei Tage strahlender Sonnenschein. Gut, dass mit der Greina die passende Tour auf dem Programm stand. Bereits am Bahnhof Zürich wurde aber offensichtlich, dass wir an diesem Wochenende nicht die Einzigen mit Wanderplänen waren: Der Zug Richtung Chur war voll von Leuten mit Wanderschuhen und Rucksäcken. Wanderern würden wir in den nächsten zwei Tagen denn auch noch in rauen Mengen begegnen.

Wir starteten in Vrin und die Route führte zunächst entlang eines Teersträsschens ins Tal hinein. Als der Teer endete, begann die Steigung. Die Vegetation war von Anfang an karg, bereits in Vrin gab es keine Bäume und kurz danach auch keine Sträucher mehr. Dafür gab es eine Menge glänzender, quarzhaltiger Steine. Ein besonders schönes Exemplar hätte sich gut in meinem (nicht vorhandenen) Garten gemacht, doch keiner meiner männlichen Mitwanderer liess sich dazu überreden, den (Fels-)Brocken für mich zu hochzutragen.

Auf dem Pass Diesrut hatten wir mit 2'428 m den höchsten Punkt des Tages erreicht und kurz danach kam die Greina Ebene endlich in Sicht. Wir machten eine Pause nur um die Aussicht auf die mit zahlreichen Bächen mäanderartig durchzogene Hochebene zu geniessen. Vor einigen Jahrzehnten plante man einen grossen Stausee, welcher die gesamte Ebene überflutet hätte. Obwohl ich durchaus ein Verfechter der Wasserkraft bin - beim Anblick dieser einzigartigen Landschaft war ich froh, dass Naturschützer die Projekte verhindert hatten. Heute steht die Greina unter Schutz und wurde ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommen.

Unser Tagesziel war die Terrihütte, die von weitem sichtbar auf einem Hügel thront. Das Bier auf der sonnigen Terrasse mussten wir uns aber noch mit einer Kraxelei über nackte Felsen verdienen. Die Terrihütte ist die grösste SAC-Hütte, in der ich bisher war, und auch die mit der besten Infrastruktur, was sich insbesondere an den sanitären Anlagen zeigte. Nach dem Abendessen setzten wir uns nochmals auf die Terrasse und hofften auf Perseiden-Nachzügler. Sternschnuppe sah ich schliesslich nur eine, dafür zog die Raumstation ISS vorbei, wobei mir nicht klar war, ob man sich da auch was wünschen darf.

Der Sonntag begann mit Kerzen und einem Kuchen zum Frühstück für Geburtstagskind, Langschläfer und Tourorganisator Tom. Danach wanderten wir zunächst der Greina Ebene entlang bis zum Greinapass. Wir kamen gut vorwärts, so dass - wie bereits am Vortag - genügend Zeit für zahlreiche kleinere und grössere Pausen blieb. Die Passhöhe ist auch die Kantonsgrenze und markierte den Beginn des langen Abstiegs, der entlang des Brenno führte, der in zahlreichen Wasserfällen und Stufen das Tal hinab fliesst. Mit jedem Höhenmeter, den wir ins Tessin hinab stiegen, wurde es (noch) wärmer. Selbst das Murmeltier, das sich auf einem Stein sonnte, war fast zu träge, sich vor uns im Sicherheit zu bringen. Bei der Mittagspause drohte beinahe der Hitzschlag, doch ein ausgiebiges Fussbad in kalten Bach senkte die Körpertemperatur und gab uns die Gelegenheit, doch noch eine Staumauer zu bauen.

In Campo Blenio gab es endlich die lang ersehnte Glace. Ich entschied mich schliesslich für eine Rückreise via Lukmanierpass und dabei zeigten sich die Unterschiede in der Kundenfreundlichkeit zwischen den Tessiner und den Bündner Verkehrsbetrieben: Während der Tessiner die Leute in den Bus packte, bis man kaum mehr atmen konnte - Doppelführung von Kursen gibt's im Tessin wohl nicht -, begrüsste uns sein Bündner Kollege Claudio nach dem Umsteigen auf der Passhöhe nicht nur ausgesprochen freundlich, sondern er holte die Tessiner Verspätung fast auf und sorgte persönlich dafür, dass der Anschlusszug in Distentis die übrig gebliebene Minute noch auf uns wartete. Damit hatte selbst die lange Rückfahrt ein Highlight.


Wanderinfos:
  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 13./14. August 2016
  • Route: Vrin - Puzzatsch - Alp Diesrut - Pass Diesrut - Camona da Terri CAS (Samstag); Camona da Terri CAS - Passo della Greina - Capanna Scaletta - Daigra - Campo Blenio (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 30 min (Samstag); 4 h 45 min (Sonntag)
  • Distanz: 11,7 km (Samstag); 16,5 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'180 m (Samstag); 400 m (Sonntag)
  • Übernachten: Terrihütte SAC 








Mittwoch, 10. August 2016

Hat der Niesen einen Hut...

...dann wird das Wetter gut - besagt zumindest eine bekannte Bauernregel. Heute hatte der Niesen eher eine Mütze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, und ich war gespannt, was dies für Wetter verhiess. Ich hatte bei meiner letzten Wanderung Moni kennengelernt und sie war so nett gewesen, mich in ihre Wandergruppe einzuladen. Dass ihre geplante Wanderung 1'800 Höhenmeter beinhaltete, traf sich dabei gut, denn ich brauchte für die kommenden Wochenenden noch etwas Training.

Wir starteten in Wimmis und der Weg führte von Anfang an aufwärts, immer sehr abwechslungsreich durch den Wald. Im Ahorni hatten wir die Wolken eingeholt, so dass wir das nächste Stück im Nebel absolvierten, was aber der Attraktivität der Strecke keinen Abbruch tat. Hingegen war es vorbei mit der Aussicht auf den Thunersee. Unterwegs passierten wir Waldarbeiter, welche Schneeverbauungen erstellten und den Wald aufforsteten. Zufälligerweise hatte ich am Vortag in der Berner Zeitung gelesen, dass weitsichtige Wimmiser schon vor hundert Jahren angefangen hatten, auf diese Weise den Niesennordhang zu sichern.

Ich versuchte mit Monis Tempo mitzuhalten, doch spätestens in der steilen Kuhweide unterhalb des Gipfels musste ich neidlos eingestehen, dass bei meiner Fitness noch Raum nach oben bestand. Ich überbrückte meine Schwächephase mit Schokolade und dann reichte die Energie doch noch für den restlichen Aufstieg. Auf den letzten Metern mussten wir zudem noch ein paar Kühen ausweichen, die es sich direkt auf dem Wanderweg bequem gemacht hatten und sich nur sehr ungern zum Aufstehen bewegen liessen.

Auf dem Gipfel hatte sich der Nebel etwas gelichtet und man sah wenigstens den Thuner- und Brienzersee. Das Berner Alpenpanorama blieb aber hinter dicken Wolken verborgen. Die extrem steile Niesenbahn brachte uns schliesslich sicher zurück ins Tal.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Mittwoch, 10. August 2016
  • Route: Wimmis - Im Vordere Ahorni - Stueffistei - Niesen Kulm
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 30 min
  • Distanz: 10 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'761 m







Samstag, 6. August 2016

Sicht Null auf dem Parpaner Rothorn

Ich kannte bisher nur das Brienzer Rothorn und als sich herausstellte, dass auch die Bündner ein Rothorn haben, fand ich, dass es höchste Zeit war, meinen Rothorn-Horizont zu erweitern. Zur Abwechslung stand also wieder einmal eine Eintagestour an, was sich an meinem ungewöhnlich leichten Rucksack zeigte. Später am Tag wäre ich dann froh gewesen, ich hätte noch etwas mehr eingepackt - Handschuhe zum Beispiel.

Die Tour startete in Lenzerheide und stieg von Anfang an stetig an. Während im Tal noch ein paar Sonnenstrahlen zu sehen waren, wurden die Wolken dichter, je höher wir stiegen. Auf der Alp Sanaspans hatten wir die Waldgrenze bereits hinter uns gelassen und versuchten uns im Windschatten der Hütte mit einer heissen Ovomaltine aufzuwärmen.

Nach der kurzen Pause ging es weiter aufwärts und ich kam ziemlich ins Schnaufen, was ich selbstverständlich sofort der dünnen Luft in über 2'000 m Höhe zuschob. Das Parpaner Rothorn ist offenbar vor allem ein Downhill-Paradies, auf jeden Fall donnerten zahlreiche Mountain-Biker in halsbrecherischer Fahrt an uns vorbei.

Unser Ziel hatte sich hinter einer weissen Wand versteckt, nur ab und zu sah man kurz die weisse Antenne auf der Gipfel zwischen den Wolken hervorschauen. Farblich dazu passend lag ab dem Lai Plang Bi - überigens eher eine Pfütze als ein See - Neuschnee. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet und zusammen mit dem kalten Wind kam schon fast eine winterliche Stimmung auf. Auf den letzten Metern zum Gipfel - auf 2'861 m - lagen immerhin gut 15 cm Schnee auf dem steilen Wanderweg.

Ob angekommen, wärmten wir uns im Aussichtsrestaurant auf, doch leider war es mit der Aussicht nicht weit her - durch die grossen Fenster sah man nichts ausser weisses Nichts. Mit der Bahn, die sich nicht an den Fahrplan der SBB-App halten wollte, fuhren wir zurück ins Tal, wo es grüner und wärmer war. Trotz des Wetters war es aber eine schöne Wanderung, die es zu wiederholen lohnt, nur schon um die versprochenen tollen Aussichten nachzuholen.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag, 6. August 2016
  • Route: Lenzerheide - Alp Sanaspans - Lai Plang Bi - Parpaner Rothorn
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 15 min
  • Distanz: 9 km
  • Höhenmeter (Steigung): 1'432 m

Montag, 1. August 2016

Blumenmeer und negative Höhenmeter im Urnerland (9./10. + 11. Etappe Zürich - Gotthard)

Mit drei Etappen über das lange 1. August-Wochenende näherten wir uns weiter dem Gotthard: Da am ersten Tag nur eine kurze Wanderung ohne nennenswerte Steigung anstand, begannen wir gemütlich und starteten erst gegen elf Uhr beim Hotel auf dem Klausenpass.

Der Weg führte - ganz untypisch für unsere Tour - mehrheitlich hinab oder geradeaus. Wir durchquerten blühende Alpwiesen in denen die Blumen teilweise kniehoch standen. Die kurze Etappe, das schöne Wetter und die zahlreichen bewirteten Alpen luden zum Verweilen ein. Auf der letzten Terrasse in Wannelen verweilten wir fast zu lange, denn über dem Brunnital, wo wir übernachten wollten, zogen sich dunkle Wolken zusammen. Wir mussten uns plötzlich beeilen, die letzten Kilometer hinter uns zu bringen. Mit den ersten Regentropfen erreichten wir das Alpstubli auf der Trogenalp. Dort wurden wir herzlich von Franz Müller und seiner Familie empfangen, die uns für die Nacht in ihrer einfachen, aber gemütlichen Alp bewirteten und beherbergten. Franz zeigte uns auch seinen Käsekeller und beim Frühstück am nächsten Morgen konnten wir uns selber davon überzeugen, dass die verschiedenen Käsespezialitäten nicht nur gut aussahen, sondern auch sehr gut schmeckten.

Am Samstag begann die Wanderung mit einem sanften Einlaufen bis zur Brunnialp. Dann kam die Steigung, die wir schon fast vermisst hatten: Schritt für Schritt stiegen wir zwischen Alpenrosen hoch und näherten uns immer mehr den steilen Felswänden, die das Brunnital umschliessen. Unterdessen hatte leichter Regen eingesetzt und auf dem Seewligrat auf 2'245 m bliess auch noch ein scharfer Wind. Wasserdicht eingepackt machten wir uns an den rutschigen Abstieg zum Seewli. Selbst beim trüben Wetter hatte der kleine See eine wunderschöne smaragdgrüne Farbe. Auf ein Bad hatte aber niemand Lust, und so wanderten wir auf direktem Weg zur Seewlialp weiter, wo wir bereits kurz nach Mittag ankamen.

Unser Wanderprojekt basiert auf einem Wanderführer, verfasst von einem Reto Friedmann. Und auch wenn die Routenwahl toll ist und durch unbekannte und immer wieder überraschende Gegenden führt (zur Nachahmung dringend empfohlen) - wir sind uns nicht sicher, ob Herr Friedmann die Strecke tatsächlich gelaufen ist, denn wir stellten immer wieder Diskrepanzen insbesondere bei Wanderzeiten und Höhenmeter fest. Für die heutige Wanderung hatte Herr Friedmann fünf Stunden eingeplant, wir brauchten nur etwas mehr als drei. Damit hatten wir mehr als ausreichend Zeit, die Aussicht von der Seewlialp ins Reusstal hinunter zu geniessen und als die Wolken sich verzogen, zurück zum See zu wandern für ein paar Schönwetterfotos.

Die sehr einfache - aber ausreichende - Unterkunft auf der Seewlialp wurde von Toni Epp geführt, der selber nicht sehr gesprächig war, dafür aber ausgezeichnete Älpermakaroni kochte. In der Nacht hörten wir den Regen auf das Dach der kleinen Hütte prasseln, in der wir schliefen.

Am nächsten Morgen nieselte es immer noch und wir starteten den letzten Tag des Wochenendes in dichtem Nebel. Wieder stand ein heftiger Abstieg an, diesmal fast 900 Höhenmeter am Stück. Der nasse Pfad führte - teilweise ausgesetzt - im Zickzack den steilen Hang hinunter und aufgrund der dichten Wolken schien es, als würden wir ins weisse Nichts hinab steigen. Die einzigen Lebewesen, die dem nassen Wetter etwas abgewinnen konnten, waren die zahlreichen Alpensalamander, die über den Weg krochen.

Das letzte Stück des Wochenendes war dann ein stetiges Auf und Ab von Kilcherberg bis Golzern, entlang von senkrechten Felswänden und durch einen sehr schönen Wald, der von Moos und Farnen überwuchert war, was bewies, dass es hier nicht nur feucht ist, wenn wir wanderten. Bei Golzern Bergstation stiegen wir schliesslich in die Gondelbahn und liessen uns knieschonend ins Tal hinabfahren.

Auf der gegenüberliegenden Talseite sahen wir bereits Richtung Etzlihütte hoch, dem Ziel der nächsten Etappe. Und als wir auf der Terrasse des Restaurant Alpenblick in Bristen auf das Postauto warteten, rissen dann die Wolken auch noch auf und brachten die Sonne hervor.


Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag/Montag, 30./31. Juli + 1. August 2016
  • Route: Hotel Klausen-Passhöhe - Klausenpass - Chammli - Nideralp - Wannelen - Trogenalp (Samstag); Trogenalp - Brunni - Widerflüe - Vorder Griesstal - Seewligrat - Seewli - Seewlialp (Sonntag); Seewlialp - Römersbalmen - Kilcherberg - Eisten - Golzern Bergstation (Montag)
  • Unsere Wanderzeit: 3 h 15 min (Samstag); 3 h 20 min (Sonntag); 3 h 30 min  (Montag)
  • Distanz: 12,5 km (Samstag); 10 km (Sonntag); 10,4 km (Montag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 450 m (Samstag); 970 m (Sonntag); 510 m (Montag)
  • Übernachten: Alpstubli, Trogenalp (Samstag); Alphüttli Seewli (Sonntag)
  • Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier