Sonntag, 19. Juni 2016

Regenbögen, Wasserfälle und Kühe im Nebel (5. + 6. Etappe Zürich - Gotthard)

Die nächsten beiden Etappen auf unserem Weg auf den Gotthard standen an und bekanntlich können uns keine noch so schlechten Wetterprognosen von unserem Vorhaben abbringen. Doch Nicole hatte alle Chancen, die Wassermengen von meinen Etappen zu überbieten. Am Anfang sah es zwar gar nicht so schlecht aus: Wir trafen uns in Brunni und stiegen zur Holzegg auf und die feuchte Wärme brachte uns schon bald ins Schwitzen. Beim Berggasthaus Skihaus Holzegg, wo wir die letzte Etappe offiziell beendet hatten, warteten wir auf den Rest der Gruppe, der etwas später gestartet war, dafür aber für die ersten Höhenmeter die Seilbahn genommen hatte.

Von der Holzegg wanderten wir via Ibergeregg Richtung Hoch Ybrig und als wir auf der Terrasse des (geschlossenen) Restaurants auf dem Spirstock sassen, konnten wir die Wolke sehen, die sich auf der Fortsetzung unseres Weges festgesetzt hatte. Kaum hatten wir die Wolke erreicht, fing es auch schon an zu regnen und der Nebel und ein Schneefeld führten dazu, dass wir kurzzeitig vom richtigen Pfad abkamen und der Regen ein paar extra Höhenmeter mehr Zeit hatte, uns zu durchnässen. Ich sehnte mich - obwohl eigentlich Sommer - nach einer heissen Ovomaltine, doch sämtliche weiteren Restaurants auf der Route hatten ebenfalls geschlossen. Gegen Nachmittag setzte sich die Sonne dann nochmals kurz durch und brachte uns den schönsten Regenbogen, den ich je gesehen habe. Allein dafür hatte es sich gelohnt, durch den Regen zu laufen.

Die Nacht verbrachten wir in der Druesberghütte, wo wir sehr gut und nett bewirtet wurden. Nach dem Essen brachten uns zudem ein paar Jungs, die auch in der Hütte übernachteten, ein Würfelspiel bei, und obwohl wir die Regeln etwas abänderten, um das Spiel weniger alkohollastig zu machen, musste der ein oder andere Schnaps gekippt werden.

Der Sonntag morgen brachte frisch gemachten Aprikosenkuchen und Dauerregen, was dazu führte, dass nur noch ein kleiner Teil der Wandergruppe - so wasserdicht wie möglich eingepackt - Richtung Pragelpass aufbrach. Nach dem problemlosen Aufstieg zur Chanzel kam das "Pièce de Résistance" des Tages. Die Würfel-Jungs vom Vorabend hatten uns vor der Stelle gewarnt und sie sollten Recht behalten: Der Weg führte eine sehr steile Wiese hinunter und selbst bei trockenem Wetter wäre der Abstieg nicht einfach gewesen. Der aufgeweichte Boden und das nasse Gras machten die Sache zu einer heiklen Rutschpartie. Belohnt wurden wir mit einem Blick auf zahlreiche Wasserfälle, die von allen Seiten her tossend ins Tal stürzten.

Unten angekommen machten wir eine kurze Pause in einem verlassenen Kuhstall, um wenigstens für ein paar Minuten im Trockenen zu sein. Der anschliessende Aufstieg Richtung Saaspass führte entlang und über zahlreiche Wasserfälle und Wildbäche, und eigentlich hatte sich auch der Wanderweg selbst über weite Teile in einen Bach verwandelt. Ich war mehr als einmal froh darum, dass ich mich entschlossen hatte, meine neuen Bergschuhe anzuziehen, die sich mehr als bewährten und meine Füsse trocken hielten.

Nur nebenbei sei erwähnt, dass wir auf der ganzen Wanderung keiner anderen Menschenseele begegneten. Nur ab und zu tauchte aus dem Nebel eine Kuh auf und sah uns verwundert nach.

Kurz vor dem höchsten Punkt der Wanderung erreichten wir das Sihlseeli, bei welchem die Sihl ihren Ursprung hat. Von dort waren es nur noch wenige Meter hoch zum Saaspass, von wo wir einen schönen Blick auf den wolkenumsäumten Klöntalersee hatten. Danach kam ein weiterer steiler Abstieg; zur Abwechslung nicht mit rutschigem Gras, sondern mit rutschigen Felsen. Dafür war dann aber die sumpfige Wiese, in welcher man teilweise knöcheltief einsank, keine richtige Herausforderung mehr. Pünktlich erreichten wir den Pragelpass und fuhren mit dem bestellten Alpentaxi nach Muothathal. Der Fahrer des Alpentaxis war übrigens davon ausgegangen, dass wir die Wanderung absagen und die Taxisbestellung annullieren würden - der kannte uns halt nicht.

Und ach ja: Nicole ist jetzt offiziell Trägerin der Medaille für die Organisation der Tour mit dem schlechtesten Wetter. Spass gemacht hat es trotzdem und die Landschaft war auch wolkenverhangen mehr als eindrucksvoll.



Wanderinfos:

  • Gewandert: Samstag/Sonntag, 18./19. Juni 2016
  • Route: Brunni - Holzegg - Ibergeregg- Spirstock - Chli Stärnen - Druesberghütte (Samstag); Druesberghütte - Hinterofen - Chanzel - Ortegg - Sihlseeli - Saaspass - Alt Stafel - Pragelpass (Sonntag)
  • Unsere Wanderzeit: 4 h 45 min (Samstag); 4 h 30 (Sonntag)
  • Distanz: 17,5 km (Samstag); 11,2 km (Sonntag)
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1'090 m (Samstag); 885 m (Sonntag)
  • Übernachten: Druesberghütte
  • Weitere Etappen des Höhenwegs Zürich - Gotthard finden sich hier







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